Die Sage der St. Jodern-Glocke

Von Bischof Jodern wird erzählt, dass ihm einmal offenbart wurde, der Papst in Rom schwebe in Gefahr und sollte gewarnt werden. Unschlüssig und ratlos öffnete er das Fenster. Vor dem Schloss sah er drei Teufel munter und freudig miteinander tanzen. Gleich rief St. Jodern herbei und fragte, wer von Ihnen der Geschwindeste sei. Da antwortete der Erste, er sei geschwind wie der Wind, und der Zweite meinte, er laufe wie die Kugel aus dem Rohr. „Das sind nur faule Bäuche gegen mich“, lachte der Dritte, „ich fliege durch die Welt wie ein Weibergedanke.“ Mit diesem verabredete nun der Heilige, er verspreche Ihm seine Seele, wenn er ihn, noch bevor die Hahnen morgens krähen, nach Rom und wieder nach Sitten zurückzutragen vermöge. Der Satan nahm das Angebot freudig an und stellte einen schwarzen Hahn als Wächter auf die Stadtmauer. Bischof Jodern brachte einen weissen Hahn auf den Dachgiebel des Schlosses und schärfte ihm wohl ein, sich morgens nicht etwa zu verschlafen. Die Reise begann; im Nu war Bischof Jodern in Rom. Er warnte den Papst noch zur rechten Zeit und erhielt von ihm aus Dankbarkeit eine Glocke. Der Teufel musste nun auch die Glocke mit aufladen und nach Sitten heimtragen. Es war noch nicht zwei Uhr morgens, als er glücklich mit seiner Doppellast zuunterst auf der Planta ankam. Da bemerkte der weisse Hahn auf dem Dach auch gleich die Ankunft und fing aus vollem Halse schnell zu krähen an. Auch der schwarze Hahn des Teufels erwachte nun deswegen und schrie mit. Da ergrimmte der Satan sehr, dass er die Wette verloren hatte, und warf die Glocke mit solcher Gewalt zur Erde nieder, dass sie neun Ellen tief in den Boden einsank. Der Bischof aber rief: “Dona! Dona! litt!” und die Glocke fing an zu läuten und kam läutend wieder zum Vorschein. Das war dann die berühmte St. Jodern-Glocke, die lange gegen Ungewitter Wunder tat.